Radikal leben (B00IG6PNNE) by Rupert Neudeck

Radikal leben (B00IG6PNNE) by Rupert Neudeck

Autor:Rupert Neudeck [Neudeck, Rupert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gütersloher Verlagshaus
veröffentlicht: 2014-03-24T04:00:00+00:00


DAS HAUS UND DER VORWURF,

KAPITALIST ZU SEIN

La Propriete c’est le Vol!

(Eigentum ist Diebstahl!)

Wir waren damals in den 60ern und Anfang der 70er-Jahre ganz schön auf dem Trip, gegen den »Immobilienkapitalismus« anzugehen. Und wie das so ist, waren wir der Meinung, dass wir am besten gegen ihn kämpfen, wenn wir Miete zahlen. Also eigentlich den Immobilienhaien noch mehr Geld in den Rachen schmeißen denn je. Dass Wohnungs- und Hauseigentum eine hervorragende soziale Aufgabe haben kann, das haben wir im Laufe der Jahre dann gesehen.

Aber der Reihe nach. Erst mal wohnten wir in unserer ersten Wohnung in Köln-Rath. Dort hatte eine famose Kölner Urviech-Kabarettistin und Schauspielerin ein Haus, in dem sie eine Etage an zwei Parteien vermieten wollte. Wir kamen gerade vom Studium nach Köln und suchten etwas. Christel war schon schwanger, und wir würden bald zu dritt sein. Diese Wohnung bestand eigentlich nur aus einem Zimmer und einer halben Kochnische und einem Duschzimmer plus Toilette. Von dort fuhr ich mit der Bahn zum Kölner Hauptbahnhof, weil mein Arbeitsplatz im Katholischen Rundfunkinstitut gleich neben dem Dom und also auch in der Nähe des Hauptbahnhofs lag.

Wir zahlten 550 DM Miete. Christel erzählt, dass ich mich anfangs wie ein Großverdiener fühlte, weil ich 1300 DM Netto im Rundfunkinstitut verdiente. Aber davon gingen schon mal glatt 550 DM weg.

Aber wir waren immer noch auf dem Trip, keine Kapitalisten zu werden, und der Kapitalismus begann bei uns mit dem Eigentum an Immobilien. Also dem Besitz eines Häuschens oder Reihenhäuschens. La propriété c‘est le vol, hatte Proudhon gesagt, und so sagten wir es auch.

Nach zwei Jahren wurde in Erwartung des zweiten Kinds die Wohnung zu klein. Wir schauten uns nach einer weiteren Mietwohnung um. Die fanden wir etwas weiter außerhalb von Köln und dessen Dunstkreis, in Forsbach im Königsforst. Für einen Kölner ist das schon das dichteste Sibirien, denn das richtige zivilisierte und kultivierte Köln liegt ja auf der anderen Seite. Sibirien fängt, wie der Volksmund sagt, in Deutz an.

Dort hatten wir in der zweiten oder dritten Etage eine Dreizimmerwohnung, ich muss immer Christel fragen, in welcher Zeit das genau war, denn ich haute am Morgen ab und kam am Abend wieder. Was zahlten wir in Forsbach? Auch 550 DM – ein Drittel des Monatsgehalts ging auf diese Weise weg. Das Wohnen zur Miete hat natürlich auch Vorteile. Oder es kann Vorteile haben. Man ist von vornherein mit anderen Menschen zusammen, ob die einem gefallen oder nicht.

Aber da kam das zweite Kind Marcel. Bei Marcel durfte ich noch im Kreißsaal dabei sein und Christel die Hand halten, fiel aber – was bis heute unter großem Gelächter erzählt wird – in Ohnmacht. Ich musste zum Wiederbeleben aus dem Raum herausgebracht werden, in dem die starke Christel das zweite Kind bekam. Bei Yvonne war ich noch nicht zugelassen als Mann. Als das Kind da war und ich es gesehen hatte, fuhr ich so beschwingt durch die spätabendlichen Straßen in Köln, dass ich fast einen Verkehrsunfall produziert hätte. Ich bin über Rot gefahren, und fast wäre ein anderes Auto in mich hineingekracht.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.